Die Syrisch-Orthodoxe Kirche: Geschichte, Glauben und Gegenwart

syrisch-orthodox

Eine Einführung in die Syrisch-Orthodoxe Kirche

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, auch bekannt als die Jakobitische Kirche oder West-Syrische Kirche, ist eine der ältesten christlichen Kirchen der Welt. Sie gehört zur Familie der Orientalisch-Orthodoxen Kirchen und zeichnet sich durch ihre einzigartige theologische Tradition und ihre lange, ereignisreiche Geschichte aus. Ihre Wurzeln reichen bis in die Anfänge des Christentums zurück, mit einer behaupteten apostolischen Sukzession von Petrus, dem ersten Papst.

Diese Behauptung der apostolischen Sukzession unterstreicht die Bedeutung der Kontinuität und des ununterbrochenen Weitergebens der apostolischen Lehre in der syrisch-orthodoxen Tradition. Die Kirche betont die Bedeutung der Heiligen Schrift und der heiligen Überlieferung als Grundlage ihres Glaubens und ihrer Praxis. Diese Kombination aus Schrift und Überlieferung prägt die Identität und die theologischen Positionen der syrisch-orthodoxen Gemeinde bis heute.

Die Miaphysitische Christologie und die Abspaltung von Antiochia

Ein zentraler Aspekt des syrisch-orthodoxen Glaubens ist die miaphysitische Christologie. Diese theologische Position besagt, dass Christus eine einzige, zusammengesetzte Natur (Miaphysis) besitzt – eine göttliche und eine menschliche Natur, vereint in der Person Christi, ohne Vermischung oder Trennung. Diese Auffassung unterscheidet sich von der chalkedonischen Christologie, die von der Mehrheit der orthodoxen und katholischen Kirchen vertreten wird und zwei Naturen in Christus postuliert.

Dieser Unterschied in der Christologie führte im 5. Jahrhundert zur Abspaltung der syrisch-orthodoxen Kirche von der Kirche von Antiochia. Die Weigerung der syrisch-orthodoxen Kirche, das Konzil von Chalcedon (451 n. Chr.) zu akzeptieren, das die chalkedonische Christologie definierte, führte zu einer dauerhaften Trennung und zur Bildung eines eigenen Patriarchats. Severus von Antiochien, ein bedeutender Miaphysitischer Theologe, spielte eine zentrale Rolle in diesem Prozess.

Leer Más:  Engel Trauersprüche: Trost und Hoffnung in Zeiten der Trauer

Die Rolle von Jakob Baradaeus und die Konsolidierung der Kirche

Nach der Absetzung Severus' und der damit verbundenen Wirren, spielte Jakob Baradaeus, ein Mönch im 6. Jahrhundert, eine entscheidende Rolle bei der Konsoliderung der miaphysitischen Gemeinden und der Organisation der syrisch-orthodoxen Kirche in eine geordnete hierarchische Struktur. Ohne seine unermüdliche Arbeit und seine Organisationstalente wäre es fraglich, ob die miaphysitische Tradition in dieser Form überlebt hätte.

Seine Bemühungen um die Wiederherstellung der kirchlichen Ordnung und die Stärkung der Glaubensgemeinschaft waren von unschätzbarem Wert für die syrisch-orthodoxe Kirche. Er wird bis heute als ein wichtiger Heiliger und Kirchenvater verehrt und seine Arbeit wird als grundlegend für das Überleben und die Entwicklung der syrisch-orthodoxen Kirche angesehen.

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche im Mittelalter und in der Neuzeit

Das mittelalterliche Zeitalter der syrisch-orthodoxen Kirche war geprägt von politischen Wirren, Verfolgungen und wechselnden politischen Verhältnissen. Trotz dieser Herausforderungen erlebte die Kirche auch Zeiten des Wachstums und der Blüte. Die Beziehungen zu den Kreuzzügen waren ambivalent, mit sowohl positiven als auch negativen Interaktionen.

Die Neuzeit war ebenfalls von bedeutenden Ereignissen geprägt. Die Missionierungsbemühungen der katholischen Kirche führten zu Spaltung und der Entstehung der syrisch-katholischen Kirche. Die Emigration in die Diaspora, insbesondere in die Vereinigten Staaten, erweiterte den Einflussbereich der Kirche. Der Sayfo-Genozid (1915-1918) hatte verheerende Auswirkungen und führte zur Verlegung des Patriarchats von Mor Hananyo-Kloster nach Homs und schließlich nach Damaskus.

Die hierarchische Struktur und die Liturgie

Die syrisch-orthodoxe Kirche hat eine komplexe hierarchische Struktur, an deren Spitze der Patriarch von Antiochien steht. Unter ihm stehen weitere kirchliche Würdenträger wie der Maphrian in Indien, Erzbischöfe, Bischöfe, Priester, Diakone und Diakonissen.

Leer Más:  Predigt Licht: Ein tiefes Eintauchen in die Symbolik des Lichts

Die Liturgie wird in klassischem Syrisch, der liturgischen Sprache der Kirche, abgehalten und basiert auf der Peschitta-Bibel. Die Theologie beruht auf dem nicänischen Glaubensbekenntnis und der miaphysitischen Christologie. Die Liturgie ist reich an Tradition und Symbolen und bietet den Gläubigen einen tiefen Zugang zu der Spiritualität der Kirche.

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche heute: Globale Präsenz und ökumenischer Dialog

Die syrisch-orthodoxe Kirche hat heute eine globale Präsenz mit Archdiözesen und patriarchalischen Vikariaten auf sechs Kontinenten. Eine besonders große Gemeinde befindet sich in Indien (Jakobitisch-syrisch-christliche Kirche). Sie engagiert sich in ökumenischen Dialogen mit anderen Kirchen, um das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen christlichen Gemeinschaften zu fördern. Diese Bemühungen um den ökumenischen Dialog verdeutlichen das Engagement der syrisch-orthodoxen Kirche für Einheit und Versöhnung in der christlichen Welt.

Die Kirche behält ihre stark ausgeprägte Identität bei, sowohl in ihrer Theologie als auch in der Kultur ihrer Gemeinden. Sie ist ein lebendiges Beispiel für ein altes christliches Erbe, das sich an die Herausforderungen der modernen Welt anpasst und sich gleichzeitig seiner Wurzeln treu bleibt. Die Zukunft der syrisch-orthodoxen Kirche verspricht eine Fortsetzung ihrer reichen Tradition und ein weiteres Wachstum ihrer globalen Präsenz.

Häufig gestellte Fragen zur Syrisch-Orthodoxen Kirche

Was ist die syrisch-orthodoxe Kirche?

Die syrisch-orthodoxe Kirche, auch bekannt als west-syrische Kirche oder Jakobitenkirche, ist eine orientalisch-orthodoxe Kirche mit dem Patriarchen von Antiochia als Oberhaupt. Sie vertritt die miaphysitische Christologie und verwendet die Liturgie des heiligen Jakobus in klassischem Syrisch.

Wann entstand die syrisch-orthodoxe Kirche als eigenständige Einheit?

Die hierarchische Eigenständigkeit entstand 512 mit der Absetzung des chalcedonischen Patriarchen und der Wahl Severus des Großen als Nachfolger. Die Nichtanerkennung seiner Absetzung durch die Miaphysisten führte zur Gründung eines eigenständigen Patriarchats.

Leer Más:  Christliche Hörbücher: Ein tiefer Einblick in die Welt des auditiven Glaubens

Welche Rolle spielte Jakob Baradaeus?

Jakob Baradaeus spielte im 6. Jahrhundert eine entscheidende Rolle bei der Konsolidierung der miaphysitischen Hierarchie.

Wie kam es zur Spaltung im 17. Jahrhundert?

Die Besetzung des vakanten Patriarchenstuhls mit Personen, die sich der katholischen Kirche anschlossen, führte zur Spaltung und zur Entstehung der syrisch-katholischen Kirche.

Wo befindet sich das Hauptquartier der syrisch-orthodoxen Kirche?

Das Hauptquartier befindet sich seit 1959 in der Kathedrale des Heiligen Georg in Damaskus.

Welche theologischen Positionen vertritt die syrisch-orthodoxe Kirche?

Die Kirche akzeptiert die ersten drei Konzile und vertritt die miaphysitische Christologie.

Welche Sprachen werden in der syrisch-orthodoxen Kirche verwendet?

Klassisches Syrisch ist die offizielle und liturgische Sprache.

Wie ist die globale Präsenz der syrisch-orthodoxen Kirche?

Die Kirche hat eine globale Präsenz mit Archdiözesen und patriarchalischen Vikariaten auf sechs Kontinenten, einschließlich einer bedeutenden Gemeinde in Indien.

Was ist Miaphysitismus?

Miaphysitismus ist die theologische Position der syrisch-orthodoxen Kirche zur Natur Christi, die sich von der der chalkedonischen Kirchen unterscheidet.

Subir