Die Orthodoxe Taufe: Ein Sakrament des neuen Lebens
Die Taufe als Fundament des orthodoxen Glaubens
Die orthodoxe Taufe ist weit mehr als ein einfacher Ritus; sie ist das fundamentale Sakrament, welches den Menschen in die Gemeinschaft der Kirche und in eine neue Beziehung mit Gott einführt. Im Herzen der orthodoxen Theologie steht die Überzeugung, dass die Taufe ein heilstiftendes Handeln Gottes selbst ist, kein bloßes menschliches Ritual. Durch die Taufe wird der Mensch symbolisch von der Erbsünde befreit und in ein neues Leben im Heiligen Geist hineingeboren, wie es im Johannesevangelium (Joh 3,5) beschrieben wird.
Diese einmalige Handlung, die im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes vollzogen wird, ist unwiderruflich. Eine Wiederholung der orthodoxen Taufe ist nicht möglich, selbst wenn eine vorherige Taufe in einer anderen christlichen Konfession stattfand, die nach orthodoxen Maßstäben nicht als gültig angesehen wird. Das liegt an dem Verständnis der Taufe als einem unveränderlichen Eingreifen Gottes in das Leben des Menschen.
Säuglingstaufe: Die orthodoxe Tradition
In der orthodoxen Kirche ist die Säuglingstaufe die übliche Praxis. Oft wird die Taufe nach der traditionellen 40-Tage-Frist nach der Geburt vollzogen. Diese Praxis, die auf frühchristliche Beispiele in der Apostelgeschichte zurückgeht und durch Konzilsbeschlüsse seit dem 5. Jahrhundert bestätigt wurde, beruht auf der Überzeugung, dass auch Säuglinge bereits einen Glauben besitzen, der durch die Eltern und Paten genährt und gestärkt werden muss.
Im Gegensatz zu manchen anderen christlichen Traditionen wird in der orthodoxen Kirche nicht angenommen, dass ein bewusster Glaube zur Taufe erforderlich ist. Vielmehr wird der Glaube des Kindes als rein und unmittelbar gesehen, ein Glaube, der von den Erwachsenen um das Kind herum gepflegt und weiterentwickelt werden muss. Die Erwachsenentaufe findet nur in Ausnahmefällen statt, zum Beispiel bei Konvertiten aus anderen christlichen Gemeinden.
Die Rolle der Taufpaten
Da das Kind noch nicht selbst Glauben bekennen kann, spielen die Taufpaten eine zentrale Rolle. Sie übernehmen die Verantwortung, das Kind im orthodoxen Glauben zu erziehen und es auf seinem Glaubensweg zu begleiten. Traditionell werden zwei Paten, ein Mann und eine Frau, ausgewählt, aber auch ein einziger Pate (ein Mann für einen Jungen, eine Frau für ein Mädchen) ist ausreichend.
Die Paten müssen selbst getauft und gläubig sein und ein enges Verhältnis zur Familie haben. Durch die Taufe entsteht zwischen Pate/Patin und Taufkind eine geistliche Verwandtschaft, die beispielsweise die Heirat untereinander ausschließt. Diese Beziehung ist von großer Bedeutung und stellt eine dauerhafte Verpflichtung dar.
Das Taufritual: Ein feierliches Geschehen
Das orthodoxe Taufritual ist ein feierliches und tiefgreifendes Ereignis, das aus drei Hauptteilen besteht: der Taufvorbereitung, der Reinigungstaufe und der Myronsalbung (Chrismation). Jeder dieser Teile trägt zur Vollendung des Sakraments bei.
Taufvorbereitung: Absage an Satan und Bekenntnis zu Christus
Die Vorbereitung auf die Taufe beinhaltet die feierliche Absage an Satan und das Bekenntnis zu Christus, begleitet vom Glaubensbekenntnis (Nizäno-Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis). Eine präbaptismale Salbung mit geweihtem Öl stärkt und schützt den Täufling. Die Familie bereitet ein orthodoxes Kreuz, ein weißes Taufkleid und ein Leinentuch vor. Diese Vorbereitung symbolisiert den Abschied vom alten Leben und die Hinwendung zu Gott.
Reinigungstaufe: Dreimalige Untertauchung
Der zentrale Akt der orthodoxen Taufe ist die dreimalige Untertauchung (oder Übergießung) im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit. In diesem Moment wird der Name des Täuflings zum ersten Mal im Gebet genannt; traditionell werden Heiligennamen verwendet. Die Handauflegung des Priesters symbolisiert den Schutz und die Segnung Gottes.
Dieser Akt der Reinigung symbolisiert den Tod für das alte, sündige Leben und die Auferstehung zu einem neuen Leben in Christus.
Myronsalbung (Chrismation): Verleihung des Heiligen Geistes
Die Myronsalbung mit Chrisam (geweihtem Öl) vollendet die Taufe und verleiht dem Täufling den Heiligen Geist. In der orthodoxen Theologie wird die Myronsalbung oft als eigenständiges Sakrament betrachtet, das untrennbar mit der Taufe verbunden ist. Durch die Salbung wird der Getaufte in die volle Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und erhält die Kraft des Heiligen Geistes für sein Leben.
Bedeutung und Folgen der orthodoxen Taufe
Die orthodoxe Taufe ist nicht nur ein symbolischer Akt, sondern ein heilsstiftendes Handeln Gottes, das den Menschen in eine neue, unverbrüchliche Beziehung zu Gott führt. Sie ermöglicht den Zugang zu Gottes Gnade und die volle Teilhabe an den Sakramenten, insbesondere der Eucharistie. Die Taufe bedeutet die Aufnahme in die Kirche und das Reich Gottes, eine Zugehörigkeit, die aus orthodoxer Sicht nicht durch einen späteren Austritt aus der Gemeinde aufgehoben werden kann.
Der Glaube an die Wirksamkeit der Taufe ist für Orthodoxe essentiell. Es ist der Glaube an die transformative Kraft Gottes, die durch dieses Sakrament wirkt und das Leben des Menschen für immer verändert.
Anerkennung anderer Taufen
Die orthodoxe Kirche erkennt die Gültigkeit anderer Taufen nicht uneingeschränkt an. Obwohl es in bilateralen Gesprächen zwischen verschiedenen christlichen Konfessionen Fortschritte gibt, bedarf die volle Anerkennung evangelischer Taufen eines panorthodoxen Konzils. Bis dahin wird in manchen orthodoxen Kirchen die Praxis der „Konditionaltaufe“ beibehalten.
Nach der Taufe: Verantwortung und Erinnerung
Das Taufkleid und das Kreuz werden als heilige Erinnerungsstücke aufbewahrt, die an die Bedeutung dieses Ereignisses erinnern sollen. Die Pateneltern tragen eine lebenslange Verantwortung für die christliche Erziehung des Taufkindes. Ihre Rolle ist entscheidend für die Glaubensentwicklung des Kindes und seine Integration in die orthodoxe Gemeinde.
Häufig gestellte Fragen zur orthodoxen Taufe
Was ist die orthodoxe Taufe?
Ein einmaliges Sakrament, bei dem der Gläubige durch dreimaliges Untertauchen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in ein neues geistliches Leben hineingeboren wird.
Wann wird die orthodoxe Taufe üblicherweise vollzogen?
Im Kindesalter, oft nach 40 Tagen. Säuglingstaufe ist die Norm.
Welche Rolle spielen die Taufpaten?
Sie verpflichten sich, das Kind im orthodoxen Glauben zu erziehen und für seine religiöse Entwicklung zu sorgen. Traditionell gibt es zwei Paten (Mann und Frau).
Wie sieht das orthodoxe Taufritual aus?
Es gliedert sich in Taufvorbereitung (Absage an Satan, Glaubensbekenntnis, Salbung), Reinigungstaufe (dreimalige Untertauchung) und Myronsalbung (Salbung mit Chrisam).
Welche Bedeutung hat die orthodoxe Taufe?
Sie ist ein heilsstiftendes Handeln Gottes, ermöglicht den Zugang zu Gottes Gnade und die Teilhabe an den Sakramenten. Sie ist die Aufnahme in die Kirche und das Reich Gottes.
Wird die orthodoxe Taufe von anderen Kirchen anerkannt?
Die orthodoxe Kirche erkennt die Gültigkeit evangelischer Taufen nicht uneingeschränkt an. Eine volle Anerkennung bedarf eines panorthodoxen Konzils.
Was geschieht nach der Taufe?
Das Taufkleid und das Kreuz werden als heilige Erinnerungsstücke aufbewahrt. Die Pateneltern tragen eine lebenslange Verantwortung für die christliche Erziehung des Taufkindes.